Das erste Beitragsprojekt des Offenen Roten Kreis: “Persönliche Lebensweisheiten – persönliches Lebensmotto”
Es hält sich wohl überwiegend die Zustimmung für die Aussage “je älter man wird, über um so mehr Erfahrung verfügt man, aus der eine gewisse Lebensweisheit entsteht”. Gemeinhin gilt das reife Senioren-Alter eines Menschen nicht zufällig auch als Altersweisheit im besten Sinn. Und es stimmt wohl, wenn man selbst aufgrund zahlreicher Erfahrungen auf das eigene Leben oder auch auf das der Angehörigen blickt und meint, viele Fragen für sich in Bezug auf das eigene Leben nun beantworten zu können oder aber den Sinn vergangener Erfahrungen besser zu verstehen.
Jüngere Menschen, die den größten Teil des Lebens noch vor sich haben, denken vermutlich noch nicht an oder in Lebensweisheiten, können den Begriff aber sicher aus Gesprächen mit den Eltern oder Großeltern her identifizieren und schmunzeln vielleicht sogar, wenn wieder eine dieser “Lehren” zum Gespräch wird.
Ich möchte mit diesem Beitragsprojekt ein paar dieser Weisheiten oder Mottos abbilden und Dir nahe bringen. Hierbei unterscheide ich nicht in der Bedeutung von Lebensweisheit oder Motto, beides ist persönlich von Wert, beides bezieht sich auf das jeweilige Leben. So verschieden die Leben der Menschen auch verlaufen mögen, vielleicht gibt es in den Erkenntnisprozessen, der Essenz-Erfassung, Gemeinsamkeiten, die womöglich auf gute Weise zu einem Gefühl der Verbundenheit führen, auch wenn man den Menschen persönlich gar nicht kennt, von dem sie stammt.
Als ich im Teenager Alter ein Buch las, dessen Titel und auch Inhalt ich nicht mehr wiedergeben kann, begegnete mir der eine Satz so deutlich und einprägsam, dass ich ihn seitdem als mein Motto verstehe. Ich las damals, “…und das ist noch lange nicht alles!” und war voller Resonanz darauf. Im Grunde genommen, kein Satz der derart besonders ist oder nach Glanz & Gloria klingt. Eher das Gegenteil. Vielleicht ist das für mich genau das Besondere daran.
Dieses Leben ist für mich tatsächlich ein Abenteuer seit dem ersten Tag an – und wenn ich ehrlich bin, auch schon davor – während ich erst wurde. Ganz gleich wie ich die Etappen und Meilensteine meines Daseins auch empfand, ob nützlich oder beschwerlich, ob erfreulich oder auch grausam, ich habe alles bisher überlebt. Ich bin durch vieles durchgegangen, habe Erfahrungen gemacht, Weisheit entstand, Potential hat sich gezeigt und Entwicklung war möglich “und das war noch lange nicht alles”! Ich sehne mich nach dem Sternenzuhause, nach der einzigen wahren Seelenessenz-Heimat, von der alles Leben ausgeht- so ist mein Glaube und dennoch hält der Satz, mein Lebensmotto mich hier. “und das ist noch lange nicht alles!” heißt es, es tröstet mich, es macht mir Mut, mein Abenteuer ist noch lange nicht vorbei. Das weiß ich zu schätzen. Jaani
Jemand anderer verstand die Frage nach dem eigenen Lebensmotto bzw. der Lebensweisheit so:
Eine meiner Überzeugung, aus persönlichen Erfahrungen heraus, ist diese, dass ich schon viel zu viel Lebenszeit verschwendet habe, in dem ich mit offenen Augen und dennoch blind, über im Zwischenmenschlichen entstandene ‘Gräben’ hinweggeschaut habe, anstatt den Versuch zu wagen diese zuzuschütten. Seit einiger Zeit aber versuche ich, mit dem Menschen, der bisher auf der anderen Seite des jeweiligem ‘Graben’ gestanden hat, Kontakt aufzunehmen, um eventuell, die Zuschüttung gemeinsam vorzunehmen. Paul Roland
Es folgt ein weiterer Text:
Mein Lebensmotto, das mich seit 20 Jahren begleitet, lautet: “Ich habe nichts gegen das, was geschieht.” (Krishnamurti). Ich habe mich jahrelang damit rumgeschlagen, wie das dazu passt, dass eine permanente Veränderung der eigenen Person doch offensichtlich wegen der eigenen Probleme notwendig sei – dachte ich. Bis ich es irgendwann kapiert habe, dass der Satz besagt, dass ich keinen Widerstand gegen das aufbaue, was ist, und zwar sowohl in mir selbst, wie auch in meiner Mitwelt. Dadurch bin ich recht gut in der Lage, alles in Ruhe zu betrachten, auch wenn ich mal heftige emotionale Reaktionen empfinde. Da ich mich gegen nichts mehr wehre, keine Energien im Dagegen verschwende, sehe ich ziemlich klar, was ist und was zu tun ist und fühle mich meist in gutem Kontakt zu meiner Mitwelt, auch dann, wenn ich die Dinge ganz anders sehe als andere.
„Ich habe nichts gegen das, was geschieht“, schenkt mir eine innere Ruhe und viel Energie, weil ich nicht mehr gegen Ego-Sorgen kämpfen muss. Die Angst um mich selbst wird (fast) gar nicht mehr aktiviert. Ich bin auf diese Weise sehr zufrieden mit meinem Leben. Wolfgang
Und noch eine weitere Lebensweisheit:
Für mich bemerke ich, dass ich früher viel mehr zu Weisheiten oder einem “Lebensmotto” geneigt war als heute. Lange Zeit habe ich z.B. bestimmte Theorien, die unter „Marxisten“ über gesellschaftliche Entwicklungsgesetze gängig waren, für weise genug gehalten, um mich beim Verstehenwollen dessen, was in meiner Welt geschieht, zu leiten. Heute finde ich, dass Vieles, was ich gemeint habe, zu schematisch, zu gewollt war. Wenn „Weisheit“, dann nur folgende: immer bereit sein, das, was man bis zu einem gegebenen Moment für richtig hielt, zu reflektieren in Anbetracht dessen, was das aktuelle Leben an einen heranträgt und von einem fordert. Wenn man älter wird, kann man leicht in bisherigen Vorstellungen steckenbleiben und sich verhärten, man kann aber auch die Erfahrungen nutzen, um flexibler, realistischer, weniger schematisch zu werden. Christoph
Als eine persönliche Lebensweisheit wurde auch dieser Text zugeschickt:
Wenn ich das Leben verstehen will, schaue ich mir an, wie all die anderen Lebewesen damit umgehen. Wie sie wachsen, gedeihen, vergehen, wie sie um das Überleben und die Fortpflanzung kämpfen, wie sie gehen, wenn ihre Zeit gekommen ist, wie sie ihren Platz und ihre Aufgabe als Individuum im Großen Ganzen erfüllen. Wie sie stets im Hier und Jetzt sind, weil sie gar nicht anders können. Alles ist ständig im Fluss, im Wandel, es gibt keinen Stillstand. Sind irgendwo Widerstände, schlängelt sich das Leben drumherum, höhlt sie aus oder reisst sie ein.
Als Menschen unserer Zeit sind wir ständig auf der Meta-Ebene unterwegs. Das eröffnet uns viele Möglichkeiten, die andere Lebewesen nicht haben. Aber es erschwert uns den Zugang zum “Sein”. Trauer, Unglück, Angst, Ohnmachtsgefühle – all das gibt es nur auf der Meta-Ebene, wenn wir uns mit unerfüllten Wünschen und Erwartungen quälen, wenn wir damit hadern, was ist und was hätte sein können, wenn wir vergleichen. Der Mensch ist für mich eine spezielle, ziemlich lebensuntaugliche Tierart. Nicht die Krone der Schöpfung, eher eine Laune der Natur, die sich nicht bewährt hat und nicht von langer Dauer ist. Welche Lebensweisheit ich daraus ziehe?
Alles fließt, es gibt kein Gut und Böse, keinen Anfang und kein Ende, ich bin ein Teil des Großen Ganzen, wirklich Leben ist immer nur jetzt und hier. Wenn es mir mal wieder ganz schwer fällt, das wirklich zu erfassen, rufe ich mir vor mein inneres Auge das Bild meiner beiden Schafe, wie sie wiederkäuend unterm Baum liegen. Das ist Leben – mehr geht nicht. Gesine
Es folgt ein weiteres Lebensmotto:
Mein Lebensmotto habe ich von den überlieferten Aussagen von Jesus Christus. Sie lautet: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Für mich ist der Mensch Beziehung. Der Mensch ist durch Beziehung. Liebe ist Anfang und Ziel. Ich bin aus Liebe, ich werde aus Liebe, ich erschaffe aus Liebe. Selbstliebe und Nächstenliebe bilden einen Kreislauf. Das was ich brauche und wünsche, brauchst und wünschst auch Du. Geliebtwerden wird zu Selbstliebe, und Selbstliebe wird zu Nächstenliebe. Dazu ein paar weitere Worte: Im Kreislauf der Liebe ist Eins-Sein und Heilung. Durch Liebe wird innerlich erlebt: Ich und Du sind Eins. Ich und Leben sind Eins. Gott und Leben sind Eins. Ich, Du, Gott und Leben sind Eins. Denn selbst der allmächtige, ewige, unendliche Gott kommt als hilfloses, zerbrechliches, liebebedürftiges Menschenkind zur Welt. Selbst er bedarf der Behütung, der Wärme, der Zärtlichkeit, des Ernährtwerdens durch seine Nächsten. Die universelle Einheit und Verbundenheit alles Seienden ist Liebe.
Liebe ist nicht Abhängigkeit oder Begrenzung, sondern Stärkung. Sie spendet Entfaltungskraft. Sie lässt jedes Wesen sein und werden, was ihm entspricht. Die Nächsten, das sind nicht nur Du und Ich, sondern auch Natur, Erde und Welt. Und diese Welt spiegelt unseren inneren Zustand wider: Durch Krieg, Umweltzerstörung, Machtmissbrauch und Ausbeutung zeigen sich unsere Ängste. Wie würde diese Welt sich wohl im Spiegel unserer Liebe zeigen? Burkhard
Findest Du darin Inspiration oder Muße auch für Dich über Lebensweisheiten oder Mottos nachzudenken und zu spüren, was Deines ist? Wenn Du möchtest teile es gern mit uns, beispielsweise über einen Kommentare oder eine Nachricht. Dankeschön allen, die hierbei mitgemacht haben.